Neuromodulation gegen Bewegungsstörungen: Tiefe Hirnstimulation

Bei der Tiefen Hirnstimulation (engl. Deep Brain Stimulation – DBS) werden dünne Stimulationselektroden durch kleine Schädelöffnungen bis in zentrale Bereiche des Gehirns eingeführt.

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Diese stereotaktische Operation – auch bekannt als ,Hirnschrittmacher-Therapie' – hat sich als erfolgreiche Therapie gegen Symptome der Parkinson-Krankheit etabliert; weltweit ist sie über 100.000 mal durchgeführt worden.


Indikationen der Tiefen Hirnstimulation


Nicht nur Symptome wie Zittern (Tremor), Steifigkeit (Rigor) und Bewegungsarmut (Bradykinese) werden gebessert, sondern nachweislich auch die Lebensqualität. Doch die Tiefe Hirnstimulation wird auch in zahlreichen anderen neurologischen Krankheitsbildern eingesetzt: bei Dystonie und Epilepsie belegen zahlreiche Studien die anhaltende Wirksamkeit, auch in der Schmerztherapie findet sie Anwendung. Bei psychiatrischen Erkrankungen befindet sie sich erfolgversprechend in der klinischen Forschung – hier insbesondere bei Tourette-Syndrom, Zwangserkrankungen, Angststörungen und chronischen Depressionen.


Ablauf der Operation


Die Platzierung der Elektroden geschieht mit einer Genauigkeit von unter einem Millimeter. Zur präzisen Planung und Navigation des Neurochirurgen wird der Kopf des Patienten in einem stereotaktischen Ring fixiert und ein CT oder MRT angefertigt. Anschließend wird ein kleines Loch in die Schädeldecke gebohrt und zwei bis fünf Mikroelektroden eingeführt; deren korrekte Lage wird noch während der OP mittels Teststimulationen bestimmt. Dabei ist der Patient in der Regel bei vollem Bewusstsein. Nur so kann mit Hilfe von Teststimulationen die Wirksamkeit der einzelnen Elektroden und damit deren exakte Lage überprüft werden.


Gut zu wissen: Das Gehirn kann keinen Schmerz empfinden. In der Regel wird eine beidseitige Operation durchgeführt, so dass die Prozedur auf der anderen Hirnseite wiederholt werden muss.


Anschließend erfolgt die Implantation des Neurostimulators unter der Haut, meist im Bereich des Schlüsselbeines. Die Kabel werden unter der Haut geführt und mit den Elektroden verbunden.
Die genaue Einstellung der Stimulationsparameter geschieht mit dem Controller – einer Art Fernbedienung – durch die Haut. Mit ihr geht auch die Neu-Einstellung der Medikation einher. Dies erfolgt ambulant in unserer Praxis, benötigt aber ein paar Wochen und verlangt vom Patienten einiges an Geduld.


Die Risiken für den Patienten


Der invasive Eingriff selbst ist sehr kleinflächig, die Wunden sind entsprechend schnell verheilt. Bei etwa 2 % der Patienten kommt es durch Verletzung eines Gefäßes zu einer Hirnblutung. Diese fällt in der Regel sehr klein aus; neurologische Symptome sind die Folge (Gesichtslähmungen, Sprach- und Gefühlsstörungen) die sich in den meisten Fällen vollständig zurückbilden.
Ein weiteres Risiko ist eine mögliche eine Infektion durch Bakterien. Das Hirnareal ist für Antibiotika schwer zugänglich, so dass die Elektroden wieder herausgenommen werden müssen, um eine Entzündung an Hirn oder Hirnhaut zu vermeiden.


Selten kommt es zu einer Fehlplatzierung der Elektrode, so dass keine Stimulationswirkung im betroffenen Bereich erzielt wird. Natürlich kann der Neurostimulator jederzeit abgeschaltet werden. Insgesamt ist der Eingriff komplett reversibel.


Im späteren Alltag sind elektrische Magnetfelder zu meiden. Der Patient erhält hierfür einen Implantatausweis, welcher an den Sicherheitsschleusen (z.B. an Flughäfen) vorzulegen ist. Das medizinische Personal an Kernspintomografie, CT, Röntgen, Ultraschall etc. sollte über den Neurostimulator informiert sein.